Pulsoxymetrie

Was ist Pulsoxymetrie?

Die Pulsoxymetrie ist ein Verfahren zur äußerlichen (nicht-invasiven) Messung der Sauerstoffsättigung des Blutes in der Haut. Der Normalbereich liegt beim Gesunden zwischen 96 und 100 %. Die Pulsoxymetrie wird nicht nur bei angeborenen Herzfehlern, sondern generell in der Anästhesie, der Intensivmedizin und der Notfallversorgung eingesetzt.

Wie funktioniert die Pulsoxymetrie?

Für die Pulsoxymetrie wird ein Sensor am Finger, am Zeh oder am Ohrläppchen angelegt. Zur Auswahl gibt es Fingerclips oder Klebemanschetten. Das Gerät misst die Lichtabsorption bei Durchleuchtung der Haut und ermittelt die Sauerstoffsättigung des im Blut befindlichen Blutfarbstoffs. Die Messung ist für den Patienten nicht spürbar. Es besteht keine Strahlenbelastung und auch keine Überwärmung der Haut. Die Untersuchung dauert nur wenige Sekunden bzw. Minuten und ist vollkommen schmerzlos. Neben den Sauerstoffsättigungswerten zeigen die Pulsoxymetriegeräte auch die Herzfrequenz in Zahl und Kurve an. Der Sauerstoffsättigungswert ist erst dann zuverlässig gemessen, wenn die Pulskurve einen stabilen Verlauf hat und die Herzfrequenz mit der angezeigten Herzfrequenz vollständig übereinstimmt.

 

Zyanotische Herzfehler

Bei bestimmten Herzfehlern kann es durch Zumischung von sauerstoffarmem Blut in den arteriellen Körperkreislauf zu einer Erniedrigung der Sauerstoffsättigung kommen. Dies ist unter anderem bei der Pulmonalatresie, der Transposition der großen Arterien oder dem hypoplastischen Linksherzen der Fall.

Nicht alle Herzfehler sind bereits vor der Geburt bekannt. Selbst bei komplexen kritischen Herzfehlern können die Kinder in den ersten Tagen nach der Geburt durchaus unauffällig erscheinen. Zum Teil trinken diese Kinder noch kräftig an der Mutterbrust und können eine fast normale Hautfarbe haben, obwohl sie einen zyanotischen Herzfehler haben. Trotz des Sauerstoffmangels kommt es in vielen Fällen nicht gleich zu einer Blaufärbung der Haut (Zyanose). Ein Herzgeräusch fehlt sehr oft, so dass bei der zweiten Vorsorgeuntersuchung zwischen dem dritten und zehnten Lebenstag immer noch nicht alle Herzfehler vom Kinderarzt entdeckt werden. Die Folge ist, dass die betroffenen Kinder oft ohne Befund aus dem Krankenhaus entlassen werden und erst wieder eingewiesen werden, wenn sich ihr Zustand plötzlich aufgrund des angeborenen Herzfehlers verschlechtert.

Pulsoxymetrie bei Neugeborenen

Wie Studien gezeigt haben, können solche Fälle, die etwa ein Viertel aller neugeborenen Kinder mit einer angeborenen Herzfehlbildung betreffen, von der Pulsoxymetrie profitieren, da diese eine verminderte Sauerstoffsättigung auch dann entdecken kann, wenn keine Zyanose sichtbar ist. So konnte in mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen in den letzten zehn Jahren belegt werden, dass die routinemäßige Pulsoxymetrie-Messung bei Neugeborenen am ersten Lebenstag zwischen der sechsten und 24. Lebensstunde zu einer frühen Entdeckung gerade dieser komplexen und oftmals lebensbedrohlichen Herzfehler führen kann.Die genaue Diagnose kann bei auffälligen Werten durch einen erfahrenen Kinderkardiologen mittels einer Ultraschalluntersuchung des Herzens abgeklärt werden.

Eine möglichst frühzeitige Diagnosestellung ist gerade bei diesen kritischen angeborenen Herzfehlern wichtig, da dadurch notwendige Behandlungen rechtzeitig eingeleitet werden können. Studien haben ergeben, dass sich eine möglichst frühzeitige Diagnosestellung günstig auf den Krankheitsverlauf auswirken kann.

Stärken und Schwächen der Pulsoxymetrie

In der Routineversorgung für Herzpatienten sowie der Intensiv- und Notfallversorgung hat sich die Pulsoxymetrie als effektives und kostengünstiges Verfahren zur Bestimmung der Sauerstoffsättigung bewährt. Bei Neugeborenen konnten Studien inzwischen belegen, dass die Pulsoxymetrie das Potenzial hat, schwere angeborene Herzfehler zu entdecken, die ansonsten nicht erkannt würden. Dabei erwies diese Methode sich auch hier als kostengünstige und zeitsparende Alternative zu aufwändigeren Techniken wie z. B. der Echokardiographie.

Allerdings sollte beachtet werden, dass die Pulsoxymetrie nicht alle Fälle schwerer angeborener Herzfehler aufdecken kann. Ein unauffälliges Ergebnis der Pulsoxymetriemessung in den ersten Lebensstunden ist deshalb keine absolute Garantie für ein gesundes Baby. Ebenso besteht die Möglichkeit falsch-positiver Ergebnisse der Messung, wenn Messergebnisse auf einen angeborenen Herzfehler hinweisen, der sich hinterher jedoch nicht bestätigt. Beide Fälle können für die Eltern eine große psychische Belastung bedeuten. Deshalb ist die korrekte Messstrategie (optimaler Messzeitpunkt, optimale Platzierung der Sonde, geeignete Grenzwerte) sehr wichtig. Experten empfehlen eine Messung am ersten Lebenstag erst nach der sechsten Lebensstunde und die Platzierung des Sensors am Fuß. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass das Kind in Ruhe ist und eine gute Pulskurve aufweist.

Folgende angeborene Herzfehler können im standardisierten Pulsoxymetriescreening auffallen:

Aktueller Stand und Empfehlungen

Der Einsatz der Pulsoxymetrie als Überwachungsmethode ist in der Intensiv- und Notfallversorgung gängige Praxis. Auch im Rahmen der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern kommt sie routinemäßig zum Einsatz, da sich mit ihr schnell und unkompliziert Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung messen lassen.

Verschiedene Studien haben nun untersucht, ob sie im Rahmen von Neugeborenen-Untersuchungen dazu beiträgt, kritische angeborene Herzfehler zu diagnostizieren. Insbesondere vier groß angelegte prospektive Studien aus Schweden, Deutschland, Großbritannien und Polen lieferten starke Argumente für die Einführung eines routinemäßigen Pulsoxymetrie-Screenings als Zusatz zu den üblichen Neugeborenen-Untersuchungen.

Weltweit ist das Untersuchungsverfahren im Rahmen von Neugeborenenuntersuchungen derzeit auf dem Vormarsch und die Zahl der Kliniken, die eine Pulsoxymetrie-Untersuchung bei Neugeborenen routinemäßig durchführen, nimmt stetig zu.

 

Quellen

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Autor(en): Eva Niggemeyer
Letzte Aktualisierung: 2013-09-03