Erfolgreiche Suche nach einem AVSD-Gen

Ein Wissenschaftlerteam aus Großbritannien hat unter Beteiligung von Forschern aus Deutschland, Kanada, Belgien und den Niederlanden ein Gen gefunden, welches eine wichtige Rolle bei der Entstehung von angeborenen Herzfehlern spielt. Das Gen mit dem Namen NR2F2 steuert indirekt die Entwicklung verschiedener Organe, indem es als sogenannter Transkriptionsfaktor Gene an- oder abschaltet.

In einem mehrstufigen Verfahren haben die Wissenschaftler die DNA-Proben von 125 Patienten mit einem atrioventrikulären Septumdefekt (AVSD) auf auffällige Veränderungen in der DNA untersucht. Bei dieser Analyse ist das Wissenschaftlerteam vom Wellcome Trust Sanger Institut in Cambridge in Großbritannien schließlich fündig geworden: die Gruppe um Dr. Saeed Al Turki, Dr. Marc-Phillip Hitz und Dr. Matthew Hurles analysierte die gesamte protein-kodierende Information der DNA mithilfe der sogenannten Exom-Sequenzierung und fand Veränderungen im Gen NR2F2.

Bei der Exomsequenzierung wird nicht das gesamte Genom eines Menschen untersucht, sondern man beschränkt sich auf einen kleinen Teil davon. Das Exom macht nur etwa 1,5 Prozent der gesamten menschlichen DNA aus, ist aber schätzungsweise für mehr als 85 Prozent aller genetisch bedingten Erkrankungen verantwortlich. Dennoch: das Exom enthält immer noch 30 Millionen Basenpaare, die analysiert und interpretiert werden müssen. Das sind riesige Datenmengen und stellt eine große Herausforderung dar.

Nach diesen Entdeckungen wurden die Ergebnisse mithilfe von DNA-Proben aus der Biobank des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler weiter überprüft. Die Forschergruppe von Dr. Sabine Klaassen aus der Charité Berlin hat in einem nächsten Schritt das Gen NR2F2 in der DNA von Familien (Vater-Mutter-Kind) mit einem herzkranken Kind untersucht. Durch die Exom-Sequenzierung von mehreren Hundert Patienten und deren Familien konnten Mutationen im NR2F2 Gen auch bei weiteren Herzfehlern (Aortenstenose, Aortenisthmusstenose und Hypoplastisches Linksherzsyndrom) nachgewiesen werden.

Für ihre Arbeit brauchten die Wissenschaftler möglichst viele Biomaterialproben von Patienten mit bestimmten Herzfehlern. Das ist sehr schwierig, da manche Herzfehler sehr selten sind. Das Nationale Register für angeborene Herzfehler e. V. sammelt deshalb Blut und Gewebeproben von Patienten in einer Biomaterialbank und stellt sie Wissenschaftlern zur Verfügung. Schon fast 50.000 Patienten beteiligen sich am Register, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, und 3.500 Patienten haben bereits eine DNA-Probe zur Verfügung gestellt. Sie alle unterstützen damit den medizinischen Fortschritt.

Zum Abstract der Studie

 

Autor(en): Wiebke Lesch
Geprüft von: Dr. Sabine Klaassen
Letzte Aktualisierung: 2014-06-10