Erhöhtes Sterblichkeitsrisiko für Kinder mit PAH durch höhere Medikamentendosis

Dr. Oliver Miera (Foto: Privat)

Einige Menschen mit angeborenem Herzfehler leiden unter einem Bluthochdruck in der Lunge, in der Fachsprache pulmonal-arterielle Hypertonie genannt. Dieser äußert sich beispielsweise in Atemnot, Schwindel und einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit. Zur Behandlung wird unter anderem das Medikament Revatio® mit dem Wirkstoff Sildenafil eingesetzt. Der Wirkstoff wurde jetzt erstmals vom Hersteller Pfizer in einer größeren klinischen Studie mit Kindern getestet, um herauszufinden, welche Dosis bei welchem Körpergewicht optimal wirkt.

Nach Abschluss der Studie hat Pfizer im Oktober 2011 veröffentlicht, dass das Medikament Revatio® bei der Gabe einer höheren als der vom Hersteller empfohlenen Dosis zu einer erhöhten Sterblichkeit bei Kindern mit pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) führt.

Wir haben Dr. Oliver Miera, Kinderkardiologe und Oberarzt am Deutschen Herzzentrum Berlin gefragt, was Familien von Kindern mit angeborenem Herzfehler und PAH über das Medikament wissen sollten.

Dr. Miera, wofür wird das Medikament Revatio® bei Patienten mit angeborenem Herzfehler eingesetzt?


Revatio® kann den Bluthochdruck in der Lunge senken. Aus Studien mit Erwachsenen weiß man, dass das Medikament wirksam den Lungenhochdruck senkt und dadurch zu einem längeren Überleben bei den Betroffenen führt. Es gibt verschiedene Herzfehler, bei denen eine PAH als Folgeerkrankung auftritt und wo das Medikament eingesetzt wird, um eine bessere Belastbarkeit der Patienten zu erreichen.

Halten Sie das Medikament weiterhin für sicher?

Ja, denn durch die Studie haben wir erstmals eine genaue Empfehlung, wie das Medikament bei Kindern optimal dosiert werden muss. Genau deshalb wurde die Studie durchgeführt. Das ist grundsätzlich sehr wichtig, denn vorher mussten wir für Kinder die Dosierung berechnen, indem wir die für Erwachsene empfohlene Dosis zugrunde gelegt haben und dann nach Körpergewicht des Kindes heruntergerechnet haben. Das ist aber recht ungenau, denn Kinder verarbeiten Medikamente in ihrem Körper anders.

Die meisten Kinder mit PAH werden mit der empfohlenen normalen Dosis von dreimal täglich 20 mg bei 20-45 kg Körpergewicht behandelt. Kinder ab einem Lebenjahr und einem Körpergewicht unter 20 kg werden mit einer Dosis von dreimal täglich 10 mg behandelt.

In Einzelfällen kann trotzdem eine Gabe höherer Dosen angezeigt sein, was aber angesichts der neuen Studienergebnisse kritisch hinterfragt werden sollte. Nutzen und Risiko müssen im Einzelfall aber genau abgewogen und individuell mit den Eltern bzw. Patienten besprochen werden.

Im Rahmen des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler wurde ebenfalls eine Studie mit Sildenafil durchgeführt. Müssen sich die Jugendlichen und Eltern nach diesen Studienergebnissen nun Sorgen machen?

Nein, denn die Patienten, die an der Kompetenznetzstudie mit Sildenafil teilgenommen haben, wurden mit der empfohlenen Dosis von dreimal täglich 20 mg Sildenafil behandelt. Das ist nach den neuesten Erkenntnissen die optimale Dosis.


Über die Erkrankung


Unter einer pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) versteht man verschiedene Formen des Bluthochdrucks in den Blutgefäßen des Lungenkreislaufs. Sie kann entweder ohne bekannte Ursache oder als Folge eines angeborenen Herzfehlers auftreten. Rechtzeitig erkannt und abhängig von der Art des Herzfehlers, kann sie durch einen Herzkathetereingriff oder eine Herzoperation behoben werden. Medikamentöse Therapien stehen zur Verfügung und zielen auf die Senkung des pulmonalen Druckes und Widerstands ab, um den Blutfluss durch die Lunge zu erhöhen. In sehr schweren Fällen der PAH muss eine Lungentransplantation bzw. eine Herz-Lungen-Transplantation durchgeführt werden.